10 Jahre Später
Linglen…
„Mutter, nun mach schon. Vater und Arille streiten sich wieder. Lass uns zusehen. Ich will nicht wieder der Letzte sein nur weil ich auf dich warten muss.“ rief der zehnjährige Blondschopf, der in der hektischen Art seiner Mutter vor ihr herum sprang.
An den Händen hielt er seine beiden jüngeren Geschwister. Er wartete auf seine Mutter, die ein weiteres Kind in sich trug. Das Letzte, so hatten Kelryt und Eletta es sich geschworen.
Auch wenn die schmerzhaften Geburten schnell vergessen waren, so waren vier Kinder, ein Gestüt – das mittlerweile in die Siedlung verlegt worden war – und das Kontor genug Arbeit für zwei lange Leben. Nicht das Eletta nicht glücklich war, das war sie, sehr – aber sie merkte es in ihren Knochen, dass es nun genug Kinder gewesen waren, die sie vor sich herum geschoben hatte.
Sineon, der Älteste war ein guter Sohn. Mit dem blonden Haar und – wie sie nicht müde wurde zu behaupteten – dem wundervollen Aussehen seines Vaters würde er bald die Herzen der Mädchen brechen. Seine unruhige und lebhafte Art aber hatte er von seiner Mutter bekommen. Die Schneiderin hatte fast täglich mit Löchern und Rissen in Sineons Kleidung zu tun. Auch wenn Kelryt sich oft durch sein ergrautes Haar fuhr, weil er dank den Verrücktheiten seines Ältesten Sohnes, weder ein noch aus wusste, konnte er sich ein Schmunzeln nie verkneifen, wenn der Korb mit der geschundenen Kleidung sich füllte.
Sineons beiden Geschwister hatten das ruhige Gemüt des Vaters. Auch seine manchmal aufbrausende Art, wenn ihnen etwas nicht passte, war seiner Familie zuzuschreiben. Dafür hatten sie Elettas Nase und ihre Augen. Das vierte Kind hatte das Temperament der Mutter. Mittlerweile trat es mehr als Sineon es getan hatte und eine Rippe hatte vor ein paar Tagen unter widerlichem Krachen nachgegeben.
„Junge, triez deine alte Mutter nicht, du bringst mich noch um mit deiner Eile, wie oft hast du schon diese ver…“ – grade noch konnte die Mutter ihr breeländisches Temperament zügeln, obwohl das längst zu spät gewesen war – „…den sinnlosen Streitereien deines Vaters und deiner Tante zugesehen, hm? Ist es nicht langsam genug? Und warum hetzt du deine Geschwister so auf… Sineon… bitte… Lass uns hier und lauf allein.“
„Du bist zu jung und zu schön um zu sterben, Mutter. Außerdem freust du dich mindestens genau so wie alle anderen. Cats Vater lacht immer so lang dass ihm die Tränen aus den Augen schießen. Und sogar die Medika kann dann schmunzeln.“ Antwortete ihr Sohn mit dem Spitzbübischen Grinsen, seines Vaters, im Gesicht.
„Sineon Siluvar Sturmreiter… redet man so mit seiner Mutter?“ Sprach sie ihn laut an. Sofort straffte der Knabe seine Schultern und schüttelte den Zopf seiner, schulterblattlangen, blonden Haare in seinem Nacken und sah sie entschuldigend an.
Er war stolz auf seinen Namen. Sein Vater – dem er in so vielen Belangen glich und nacheiferte – hatte ihm ständig vor dem Kamin Geschichten seines Großvaters erzählt.
„Ná modhor. Geare me, bidda.“ Mit seinen Geschwistern gemeinsam kam er auf sie zugelaufen, ließ die Jüngeren los und warf seine Arme um ihren Hals. Lächelnd zog Eletta ihren Jungen in eine feste Umarmung. Viel mehr, als schmeichelnde Worte, rührte es sie, wenn er die rohirrischen Worte benutzte die Kelryt nach und nach seiner Familie beibrachte.
Sie liebte die Stunden, die sie alle gemeinsam verlebten. Es war genau das, was sie sich immer gewünscht hatte. Zwar waren sie selten aber umso schöner. Meist machten sie Feuer im Kamin oder unter den Bäumen im Garten. Kelryt erzählte Geschichten, hielt seine Frau fest im Arm und liebkoste ihrer aller Ohren mit seiner Stimme. Niemals wurden sie dabei gestört.
Was Kelryt nicht wusste – zumindest vermutete und hoffte sie es – war, dass Eletta jedes Mal vor einem solchen Abend Arille bat dafür zu Sorgen, dass alle Angelegenheiten bis zum nächsten Tag von ihnen fern gehalten wurden.
„Wer hat die diesen Unsinn schon wieder beigebracht?“ wollte Eletta wissen.
„Cat, redet auch so mit seiner Mutter.“ Zuckte er mit den Schultern und marschierte wieder voraus.
Eletta lachte. Der Junge der Baumschattens war ein feiner Knabe, aber er wusste haargenau wie er seine Mutter und seinen Vater um den Finger wickelte. Auch jetzt noch. Wo er nun schon kurz davor war seine Lehre zu beginnen. Nun hatte er also auch ihrem Sohn beigebracht was er sagen müsste.
„Du musst nicht alles machen, was Cat macht. Du bist ein guter Junge, genau so wie du bist, warum willst du dir von anderen etwas abschauen?“ versuchte sie ihn von diesen Unsinnigen Worten abzulenken.
„Ich weiß nicht.“ kamen leichthin die Worte ihres Sohnes, der schon fast mit seinen Geschwistern die Brücke zur Kaserne überschritten hatte. Man konnte fast das Schnauben Arilles und das Peitschen von Kelryts Worten vernehmen.
Voller Vorfreude auf das fast wöchentlich wiederkehrende Spektakel auf dem Übungsplatz der Wachen, ging auch Eletta schneller.
Kelryt und Arille waren die unangefochtenen Streithähne in der Siedlung.
Schlimmer noch als die Kinder die sich in mehr als oft den Haaren hatten. Doch nach den ersten Jahren hatte niemand mehr die Drohungen und Anschuldigungen des Anderen zu ernst genommen. Sie gehörten zum guten Ruf des Streites und so entwickelte sich meistens so ein Disput zu einem illustren Schauspiel für alle anderen.
Eletta hatte nicht erst einmal den Eindruck gehabt, dass Kelryt und ihre Freundin sich absprachen, wann es wieder ein Amüsement für die Siedlung geben sollte. …
Doch es sollte ihr recht sein, solang sie hier glücklich leben konnten. Alle die ihr in den letzten Jahren ans Herz gewachsen waren.
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