Sie ist tot.
Nichts mehr. Ich habe alles verloren. Vater, Mutter, Bruder, Frau, Hund und nun auch noch meine Vilin. Ein taubes Gefühl zieht sich unaufhörlich durch meinen Körper und geht nicht mehr weg. Ich fühle… nichts. Weder den Schmerz in meinem Rücken von den Pfeilen noch das Wasser in dem ich treibe.
Ich fühle keine Trauer, nicht einmal Zorn. Alles ist weg. Ich treibe nur vor mich hin und beobachte den vorbeiziehenden Himmel. Warum war ich noch nicht tot? Ich habe bei allem versagt. Vilin starb vor meinen Augen. Ich habe sie nicht gerettet. Warum waren alle anderen tot, nur ich nicht? Ich hätte schon so viele Male sterben sollen und wieder lebe ich.
Warum sinke ich nicht in den Fluss und ertrinke oder die Pfeile in meinem Rücken geben mir den Rest? Warum kann ich nicht sterben? Ich weiß nicht, wie lange ich in diesem Fluss trieb. Es interessierte mich auch nicht. Die Gegend verändert sich. Es wurde grüner und grüner. Wälder, riesige Wälder. Wiesen. Sie machen mich wütend. Warum liegt Vilin nicht statt mir in diesem Fluss? Warum sieht sie sich jetzt nicht diese verrückte Welt an?
Ich… hätte ihr noch etwas sagen können. Das sie wenigstens noch einmal die Stimme eines Menschen hört, dem sie etwas bedeutet. Der sie nicht wie ein Stück Fleisch ansieht. Südländer…
Ich gebe ein kehliges Knurren von mir, was mich stark erschreckt. Was sollte das? Ich taste mit der linken Hand, die ich noch bewegen kann nach meinem Hals. Er ist aufgerissen. Jetzt spüre ich den Schmerz. Meine Brust, Mund, Kinn, Hals. Alles schmerzt ziehend. Ich knurre auf. Knurren. Ich höre mich an wie ein wildes Tier. Wie ein Monster. Wie konnte das passieren?
Irgendwann. Meine linke Hand fällt zurück ins Wasser und ich höre Rufe. Etwas springt offenbar vom Ufer ins Wasser und packt mich schließlich an der Schulter. Ich sehe nichts mehr. Mein Blick ist schwarz.
Ich reiße die Augen auf. Mein Mund ist verbunden, aber nicht… wie ich es mir vorgestellt hatte. Es waren saubere, weiße Verbände. Ich versuche zu tasten, doch meine Arme sind unter mehreren Stoffdecken begraben, genauso wie der Rest meines Körpers. Mein Kopf ist als einziges noch frei. Ich blicke mich um.
Über mir ziehen sich Baumwipfel von riesigen, grünen Tannen. Kein Schnee. Wo bin ich? Ich liege auf einem Wagen, soviel wird mir klar. Links von mir zwei Fässer. Ich höre Stimmen. Eine Sprache die ich nicht verstehe, der Wagen hält. Ich höre ein Pferd wiehern und in meinen Blick treten zwei Wesen.
Gewiss KEINE Menschen. Spitze… Ohren. Ein Mann, eine Frau. Sie lächelt, er nicht. Er mustert mich mit Mistrauen. Auch wenn nur einer lächelt, beide strahlen förmlich Frieden und Licht aus. Ich bekomme Angst. Was sind das für Geschöpfe? Was soll das? Wo bin ich hier? Ich will hier raus!
Noch ehe ich mich rühren kann, fängt die Frau an zu singen. Ich verstehe die Sprache nicht, aber ich werde müde. Ich verstehe es nicht. Was soll das? Doch da bin ich schon wieder eingeschlafen.
3 comments so far
Leave a reply
You must be logged in to post a comment.