Ich drücke Kelryts Hand, als wir uns der Baustätte von Dornlags nähern. Eigentlich war es bisher nichts Besonderes für mich gewesen, hier her zu gehen. Ich begrüßte die Tagelöhner und hielt stets einen Plausch mit Kenton Diestelweg, der wie immer einen Becher Rum neben seiner Schmiede stehen hatte. Dass ihm noch nicht ein Mal etwas Ernstes passiert war, wunderte selbst mich.

“Du bist nervös!” hörte ich von rechts, die ruhige Stimme, der ich nicht genug zuhören konnte.
Wie so oft hatte Kelryt nicht einmal nachfragen müssen, um zu wissen was in mir vorging.
Ich lächele und nicke.
“Normal komm ich allein und geh allein.” murmel ich und ein Lächeln legt sich automatisch auf meine Lippen.
“Das wird jetzt anders, Liebes.” raunt der hoch gewachsene Mann neben mir und seine Lippen legen sich zart auf meine Schläfe.
Außer einem leisen Seufzen aus meiner Kehle verlässt kein weiteres Geräusch meine Lippen.

“Da schau, das ist mein Vater.”
Ich zeige auf einen blonden Mann, der unter einem Zeltdach auf einige Papiere schaut, aufblickt und wieder die Blätter betrachtet. Eine Hand greift nach einem Buch, die andere wühlt in den Unterlagen, von denen einige ihren Platz auf dem Tisch verlassen – sich einen neuen auf dem Boden unter dem improvisierten Tisch suchend – was mit einen lauten Fluch des Blonden beschimpft wird.

“Ha, jetzt weiß ich, woher du das hast.”
“Ich denk nicht. Ich glaub mein Vater hat’s von mir. Tut manchmal gut zu fluchen.”
Das Grinsen auf meinen Lippen neckt Kelryt und diesmal ist er es, der meine Hand drückt. Er scheint genauso nervös zu sein wie ich, aber er kann es besser verbergen.
Ich sehe zu ihm und in mir wächst das Verlangen ihn einfach zu überfallen und zu küssen. Seine Lippen sind wie gutes Met.

Die letzten Schritte überwindend, wurden wir schon vom Hund der Dornlags begrüßt, der bellend auf uns zu stürmt. Wie immer springt er an mir hoch und wedelt mit seinem Schwanz.
“Ist gut Lex. Ich freu mich auch dich zu sehen. Darf ich dir meinen Freund vorstellen?” Ein prüfender Blick zu Kelryt, zeigt mir, dass auch er dem riesigen Fellhaufen schon verfallen ist.
Lex mag riesig sein wie ein Kalb, stinken wie ein Eber und struppig sein, wie der Schwanz einer fauchenden Katze, aber niemand kann diesem treuen Blick und dem lieben Wesen widerstehen.

“Freut mich Lex. Sturmreiter mein Name. Und wenn du nichts dagegen hast, lass meine Schuhe heil.” Feixt er und streicht über das verfilzte Fell am Kopf des kalbgroßen Ungetüms.

Ein Hund ist also schon mal drin… schießt es durch meinen Kopf. Ich schmunzle und schließe für einen Moment die Augen.

Wie um alles in der Welt, war es möglich, dass ich nach kaum zwei Wochen in der Art an die Zukunft dachte. Noch vor ein paar Tagen hatte ich in den Tag gelebt. Hatte gearbeitet, abends ein paar Met, Rum oder Bier im Pony getrunken und mit jedem geredet oder gestritten, der wollte. Ich kam mir selber reichlich seltsam vor.

Durch den Hund aufmerksam geworden, schauten nun auch die Tagelöhner von ihrer Arbeit auf. Ebenso mein Vater, der zuerst einmal blinzelt, den Kopf schief legt und dann mit seiner lauten, von der ständigen Schreierei auf dem Bau, rauen Stimme zu beiden hinüber ruft:

“Eletta Rosendorn, nimm deine hoffentlich sauberen Finger von dem verdammten Vieh und beweg deinen Hintern her. Lass den Köter seine Arbeit machen.” Ein heiseres, dröhnendes Lachen folgt dem Ausruf.

Ich lache und schiebe den Hund beiseite. Weiterhin Hand in Hand gehen Kelryt und ich gemeinsam zu dem Zeltdach unter dem mein Vater immer noch steht, die Augen skeptisch zusammen gekniffen.

“Vater” strahle ich den in die Jahre gekommenen Mann an. Lege die linke Hand um seine Schulter und drücke ihn herzlich.
Ein leises, zustimmendes Brummen reiche mir – wie immer – als liebevolle Reaktion.

“Vater, ich möchte dir jemanden vorstellen”

Kelryt tritt einen Schritt vor. Neigt seinen Kopf und ähnelt in diesem Moment mehr einer steifen Wache als einem Mann, der in Leifs Augen, Elettas Freund hätte sein können.

In seinen Gedanken lacht er über seinen Eindruck und mahnt sich selber, nicht zu voreilig zu sein. Vielleicht war seine Tochter endlich erwachsen geworden. Er wünschte es ihr, seiner Frau und sich selber von Herzen.

Eletta war immer ein Wirbelwind. Mehr Junge als Mädchen. Die Kleider die ihre Mutter für sie genäht hatte trug sie stets nur einmal im Ganzen. Meistens überlebten sie keinen halben Tag ohne Loch, Riss oder Schmutz. Wäre Eletta der Sohn, den er nicht zu zeugen im Stande gewesen war, hätte er nun sicher einen würdigen Nachfolger. Doch sie war ein Mädchen. Eine Frau. Für Leif war seine Tochter, mit den 28 Wintern, immer noch sein kleines Mädchen. Das mit den Jungs der Dornlags herumtollte. Sich im Dreck suhlte und tagein tagaus Streiche ausheckte oder den Knaben zeigte, wie man sich prügelte. Nur selten hatte er sie weinen sehen.
Als sie schließlich in Bree landete, hatte er die Hoffnung schon aufgegeben, dass Eletta jemals einen Mann finden würde, der ihr das Wasser reichen konnte. Jedesmal wenn sie die Eltern allein besuchen kam, war ihre Mutter hinterher aufgelöst gewesen und weinte die halbe Nacht um das Seelenheil ihrer Tochter. Auch er selber hatte sich seine Gedanken gemacht und oft bei Gustavv, seinem Schwager nachgefragt, was er über Eletta wüsste. Die einzige Antwort die er ständig erhalten hatte war ein dreckiges Grinsen und die Bestätigung, dass sie eine hübsche junge Frau sein, die gut arbeiten konnte. Doch das wollte er nicht wissen.
Und nun stand sie hier mit diesem Mann, den sie ihm vorstellen wollte. Das war das erste Mal. Und er war stolz auf seine Tochter. Ihre Stimme war es auch, die ihn aus seinen Gedanken riss und das Bild des kleinen Mädchens mit den Augen, so grün wie die Grasflecke auf ihren Kleidern verschwamm.

“Das ist Gardist Kelryt Sturmreiter. Er dient im Haus Amarnartha. Und…” Ich merke selber wie mein Blick zu Kelryt, dann wieder zurück zu meinem Vater huscht.

“Und was?” fragt dieser sofort nach.

“UnderistmeinFreund…” hastig sprudeln die Worte aus mir herraus. Das Strahlen in meinen Augen und das fröhliche Lachen entgehen weder Kelryt noch meinem Vater, da bin ich sicher.

Um den Schein zu wahren – nur vor dem besagten Freund – zieht Leif die Brauen zusammen und mustert den Mann ernst.

“Freund… meine liebe Tochter… denkst du nicht, dass auch ich ein Wort mitzureden habe, wenn es um deinen Freund geht?” mahnt er.
“Aber…” versuche ich einzugreifen.
“Nichts, aber… geh deine Mutter begrüßen, ich möchte mit deinem Freund reden.”

Ein wenig geknickt, diese Art meines Vaters nur wenig kennend, nicke ich und lasse die beiden Männer allein.

Verdammt, sonst war mein Vater immer gelassen wenn ich von meinen Tagen in Bree erzähle. Er hat mich noch nie gedrängelt, einen Mann zu finden und war immer auf meiner Seite. Und jetzt, hatte ich einen echt guten Kerl gefunden und er fing an so zu spinnen. Ich dachte, nach dem Desaster in Schragen hätten wir stillschweigend geklärt, dass ich mir meine Freunde selber aussuchen würde. Verflucht, verdammt, scheiße.

Schäumend vor Wut, stoße ich die Hintertür auf. Meine Mutter zieht mich sofort in ihre Arme – natürlich hatte sie gesehen dass ich auf dem Hof war. Lex hatte uns lautstark angekündigt. Wie immer hatte sie dann hinter dem Fenster gestanden und beobachtet… natürlich! – und drückte mich an sich.

Es war nicht so, als hätten wir uns ewig nicht gesehen… ich war erst vor zwei Tagen auf der Baustelle gewesen um zu sagen, dass ich nicht mehr bei Gustavv arbeiten würde. Ich war ganz froh darüber, denn eigentlich war Gustavv ein widerliches Schwein, der nur, weil er Vaters Schwager war mein Patenonkel wurde und ich deswegen nicht ausschlagen konnte als er mir Arbeit anbot.

~***~

Musternd betrachtet Elettas Vater den Mann vor ihm.

Groß, breitschultrig, ein paar Falten im markanten Gesicht. Langes Haar und vorwitzige Strähnen die in der Stirn hängen.

Nein, so hatte er sich Elettas Freund ganz und gar nicht vorgestellt. Er war… zu ordentlich.
Eher hatte er mit einem der Rüpel die in Bree ständig vorm Pony herum lungerten oder in Schlucht in der Tatze daheim waren, gerechnet. Was solls, denkt er… er kann nur Besser sein als so ein Halunke.

Die Hände in die Seiten stemmend beginnt er ein Gespräch.
Ein Ernstes, wie es seine Frau von ihm erwarten würde. Dass ihm ganz und gar nicht nach Ernst sein Zumute ist, er lieber mit dem Freund seiner Tochter ein Bier trinken würde, verdrängt er aus seinen Gedanken. Der Knabe soll es nicht zu einfach haben. So würde es Magda gutheißen. Kurz denkt er an seine Frau und deren Vater. Wie schwer er es hatte als er um Erlaubnis gebeten hatte, werben zu dürfen.

Magdas Vater war aufgesprungen, puterrot im Gesicht und war tobend durchs Haus gerannt. Wäre er damals nicht so schrecklich verliebt in das junge, fast schwarzhaarige Mädchen, mit den dunkelgrünen Augen gewesen, wäre er vermutlich aus dem Haus gestürmt. Doch mit der Zeit hatte er sich den Respekt ihres Vaters erarbeitet.

Heute, fast 32 Jahre später, hatte er nicht die Absicht, dem Mann vor ihm das Gleiche anzutun.

“Freund, hrm?” Vielleicht würde er ihn mir knappen Fragen einschüchtern. Einen Versuch war es Wert.

“Ja, ich bin Ihr Gefährte und hoffentlich bald Ihr Mann, wenn Ihr es erlaubt. Mein Herr…”

Himmel, höflich war er ja schon mal. Die angespannte Haltung Kelryts, veranlasst Leif seine Hände tief in die Hosentaschen zu schieben. Eletta konnte durchaus höflich sein, wenn sie es für angebracht hielt. Doch das tat sie selten. Sie liebte es zu Fluchen und laut zu schreien. Vielleicht würde dieser Mann ihr mit der Zeit ein paar Manieren beibringen.

Einen Augenblick lässt er die Worte auf sich wirken. Er will also ihr Mann werden. Der arme Kerl, weiß nicht worauf er sich einlässt. Das Temperament ihrer Mutter war gelegentlich Angst einflößend, doch Eletta hat auch noch das ihres Vaters mitbekommen. Die Butter vom Brot nehmen, ließ sie sich nicht. Einen Augenblick muss er sich zusammen nehmen und sich das mitleidige Grinsen verkneifen.

“Ihr wollt sie heiraten?” Ernst zieht er die Brauen hoch. Die Hände zieht er aus den Hosentaschen. Sich zu voller Größe aufrichtend, misst er etwa die gleiche Größe wie Kelryt. Seine Muskeln unter den Armen treten hervor, während er die Arme vor der Brust verschränkt. Im Hinterkopf weiß er, dass ein paar hundert Meter weiter, seine Frau aus dem Fenster sieht und ihn beobachtet. Den Schein wahren, heißt es.

“Ja, wir haben uns gefunden, mein Herr. Ich bin sehr glücklich, wenn ich Eletta an meiner Seite wissen darf.”

“Wann?”

“Sobald Ihr eure Zustimmung gebt, werde ich alles in die Wege leiten.”

“Gut… gut..” Er nickt anerkennend.

Im Grunde war ihm der Bengel schon sympathisch, als Eletta mit ihm auftauchte. Sie hatte eine gute Menschenkenntnis. Wenn ihr jemand sympathisch war, zeigt sie es. Es gab jedoch bisher keinen, der soviel ihrer Zuneigung verdient hatte, um ihn mit her zu bringen.

“Verstehe… Wie lang geht das mit euch Beiden schon?”

“Ich umwarb sie einige Wochen, doch uns war beiden klar, dass wir zusammen gehören. Händchen haltend sind wir derzeit seit 2 Wochen zusammen.”

Eletta hatte bei ihren Besuchen – und sie war oft auf der Baustätte – nichts von ihm erzählt. Vermutlich war sie sich seiner nicht sicher.

In Gedanken ging er die letzten Begegnungen mit ihr durch. Er hatte kaum eine Veränderung festgestellt. Sie war fröhlicher, das sicher. Fluchen aber und laut über die Baustätte brüllen tat sie trotzdem. Auch ihre Kleidung war keineswegs anders als sonst. Innerlich zuckte er mit den Schultern. Vermutlich wusste sie selber noch nicht mal dass es ihr sooo ernst mit dem Mann war. Aber gesehen hatter er es sofort als, er sie wegschickte. Diesen gequälten Gesichtsausdruck, die Nähe des Mannes zu verlassen den man gern hatte, hatte er oft bei Magda gesehen, wenn ihr Vater ihn hinaus bat um Männergespräche zu führen.

“Ihr seid älter als meine Tochter. Wie alt seid ihr.” Will er wissen. Nicht, dass es wichtig wäre, Aber irgendwie musste man diesen Kerl doch ins Straucheln bringen. Magda sah alles und am Abend würde sie ihn ausquetschen wie einen überreifen Apfel.

“Versteht mich nicht falsch, ich will sie nur nicht gleich als Witwe wieder hier sehen” Das Lachen, dass sich seine Kehle hinaufarbeitet kann er nicht unterdrücken. Und so lacht er rau und wirkt nur wenig mürrisch. Er gibt seine strenge Haltung auf. In seinem Innersten über sein weiches Gemüt fluchend, lehnt er sich an den Tisch. Magda wird ihm die Leviten lesen… aber es ist ihm fast egal.

“Mein Herr, ich habe bereits Truppen kommandiert. Ich habe meine Erfahrungen gesammelt und zähle 38 Sommer.”

“Sommer und Winter…” murmelt er mit einem langsamen Nicken. “Das passt zu meiner Tochter.” Mit einem leisen Lachen sieht er zum Haus der Dornlags in dem Eletta verschwunden ist.

“Was genau habt ihr für Pläne, Ihr wollt doch sicher kein Gardist bleiben, hab ich recht?”

“Mein Herr, ich war Hauptmann eines Eoreds. Meine Erfahrungen sprechen dafür, dass ich ein höheres Amt anstrebe.”

Das bekräftigende Nicken Kelryts, seine Ehrgeizige Antwort und die Blicke, die er Eletta zugeworfen hatte waren für Leif genug. Er hatte seine Entscheidung schon lange getroffen. Eletta wollte diesen Mann, sie sollte ihn bekommen. Sie hatte es in der Vergangenheit schwer genug. Niemals wieder würde er ihr irgendwas vorschreiben. Und wenn es schief gehen sollte, war hier immer ihr zu Hause. Doch der Mann vor ihm, machte nicht den Eindruck als würde er schnell aufgeben. Ganz im Gegenteil. Ein Hauptmann wusste zu kämpfen und wenn er wusste was gut für ihn war, würde er auch um Eletta kämpfen, wenn sein Weib schwierig werden würde.

Wieder huschten Bilder aus der Vergangenheit hinter seinem geistigen Auge vorbei.

Die lange Nacht in der seine Frau Wehen bekommen hatte. Beide hatten auf einen Sohn gehofft, doch bei Sonnenaufgang hielt er das hübscheste Mädchen im Arm, dass er je gesehen hatte.

Eletta mit sechs, wie sie auf einem Baum hockte und Robert Dornlag, der darunter lag und heulte – mit gebrochenem Bein.

Eine trotzige Eletta, die von einem der Tagelöhner den Hintern versohlt bekommt, weil sie angeblich sein Pferd aus dem Stahl genommen hatte.

Eletta, wie sie mit 16 Wintern auszog um nach Schragen zu gehen, die Augen traurig und doch so voller stolz, dass es einem warm ums Herz wurde.

Eletta, die mit 18 wieder zu Hause vor der Tür stand, die Augen leblos und aschfahl im Gesicht.

Eletta, die in Bree mit Kisten bepackt, vom Westtor zum Pony und zurück hastet, weil Gustavv ihr die Arbeit gegeben hatte, für die er selber zu faul war.

Eletta, wie sie ihrem Vater sagte, dass sie einen Freund hatte.

“Wenn ich Euch jetzt schon entlasse, Herr Sturmreiter, dann denkt meine Frau ich weiß nicht was ich zu fragen hab.” Die Erinnerungen beiseite schieben wollend, fährt er sich durch das blonde Haar und schmunzelt. Ob Kelryt jemals nervös werden würde, wenn er genau wüsste, dass Eletta hinter dem Fenster des Haus stand um ihn zu beobachten? Vielleicht würde er seine Tochter irgendwann danach fragen. Doch noch musste er Zeit schinden. Magda war geduldig und verdammt neugierig.

“Ihr seid … Rohirrim, richtig?“

“Das ist richtig, mein Herr. Ich stamme aus der Westfold, habe lange Zeit als Garnisionssoldat in Helms Klamm gedient.”

“Wollt ihr irgendwann wieder zurück?“

“Nein, ich möchte mich hier im Breeland niederlassen. Ein Haus und etwas Land gehören mir schon, der Fürst ist sehr gütig.”

“Was ist mit einer Familie? Wollt ihr Kinder?”

Ein Rohirrim, der nicht zurück will. Das hatte er auch erst selten erlebt. Die Meisten die man in und um Bree sah suchten verzweifelt nach Wegen zurück in ihr Pferdeland. Doch wenn er hier bleiben würde, würde auch seine Tochter bleiben – sollten die Beiden wirklich heiraten. Und so war die Möglichkeit gegeben, eines Tages einen Enkel über die Baustätte jagen zu sehwn.

“Ja” Kelryts Lippen verziehen sich zu einem warmen Lächeln, dass Elettas Vater aufmerksam betrachtet. Wäre er nicht schon überzeugt gewesen, Liebe in den Augen und Berührungen dieses Mannes gesehen zu haben, so wäre er spätestens jetzt überzeugt. “Eletta wäre die beste Frau einen Burschen zu gebähren.”

Ha! Und ob sie das wäre, sie war schließlich seine Tochter. Auch wenn er es nie zu stande gebracht hatte einen Knaben zu zeugen, so würde er sicher in der Zukunft einen wenn nicht gar eine ganze Horde Jungen und gern auch ein oder zwei Mädchen zu besuch haben. Er würde einen großartigen Großvater abgeben. Geschichten von der Mutter hatte er genug zu erzählen und er könnte mit den Buben Baumhäuser bauen und ihnen beibringen Häuser zu bauen. Magda hätte sicher auch ihre Freude an Mädchen, die vielleicht – wenn sie Glück hatte – die Kleider zu schätzen wissen würden, die sie für sie nähen könnte.

“Ah… wir nähern uns” Leif grinst als er Kelryts Antworten vernimmt. Das Grinsen gleicht dem von Eletta bis in den letzten Zug, wenn sie rundum zufrieden ist.

“Nun, ihr solltet auch meine Frau begrüßen gehen. Sie wird sich freuen Euch kennen zu lernen. Das einzige was ihr vermeiden solltet – ein guter Rat von mir –  lehnt bloß nicht dass Essen ab, dass sie Euch anbietet. Wenn Ele was übergelassen hat. Ansonsten hängt der Haussegen schief und sie fängt wieder an, neue Sachen zu probieren. Und, ich schwöre Euch. Dann kann Euch weder meine Tochter, noch Euer Schwert retten, wenn ich als Vorkoster herhalten muss.”

Seine Frau konnte wunderbar kochen. Das was üblich war. Einen Braten von ihr würde er allein verputzen können, doch wenn sie wieder einmal zuviel in Bree aufgeschnappt hatte oder mit Rose Dornlag geschwatzt hatte, stand ihr viel zu oft der Sinn nach Experimenten. Sein eigenwilliges Weib hatte in der Küche schon so manches Wunder vollbracht, aber mindestens genau so oft, hatte er nach einem neuen Rezept mit Krämpfen im Bett gelegen oder sich hinaus geschlichen um sich zu erleichtern. Er hoffte, dass Eletta diese Eigenheit seiner Frau übernommen hatte.

“Seht mich an, ich lehne nichts ab. Und ich bin gerne euer Gast. Ich freue mich auf das gemeinsame Essen.” Erwidert Kelryt, wie es der Anstand gebietet.

“Ach… und wenn Magda fragt, ich hab weder gelacht noch gegrinst… Klar?” Leif versucht mit einem Grinsen den gardisten vor ihm aus der reserve zu locken. Es gelingt ihm nur mäßig. Doch mit einem Grinsen reicht er Kelryt die Hand. Beide Männer schenken sich nichts bei ihrem Händedruck und so fällt er recht kräftig aus.

“Sicher, ich weiß von Nichts.”

“Guter Mann… und bevor ich es vergess’… was Ihr Eletta erzählt ist mir egal. Ich kann vor ihr nichts geheim halten… sie sieht alles und quetscht alles aus mir heraus. Wie ihre Mutter. Tut Euch also keinen Zwang an.” Mit einem Zwinkern und einem kräftigen Schlag auf den rechten Oberarm des Mannes, der nun anscheinend bald sein Schwiegersohn werden wird verabschiedet er sich.

Bevor er ihn los lässt schaut er Kelryt dennoch einmal tief in die Augen und erklärt ihm das, was das ganze Gespräch hindurch am wichtigsten für ihn war.

“Gebt gut auf mein Mädchen acht. Sie ist das Beste was ich zustande gebracht hab.”

Ich werde sie lieben, ehren und beschützen, mein Herr. Sei Euch dies versichert.”

Als Kelryt sich abwendet nickt Leif Rosendorn ihm zu. Mit festem Schritt setzt Kelryt sich in Bewegung gen Haus. Erst als die Haustür hinter ihm geschlossen wird, wendet sich der Vorarbeiter auf Dornlags Baustätte wieder seinen Unterlagen zu. Ohne auch nur einen Blick darauf zu werfen denkt er über das Leben seiner Tochter nach, wie es war und wie es werden könnte.

Nach einigen Momenten ruft er einen der jungen Burschen zu sich. Er beauftragt ihn einen ganzen Stapel guten Papiers, Tinte und Feder zu beschaffen und zwar zügig. Er würde nicht zum trödeln bezahlt werden.

Vieles musste jetzt bedacht werden.

~***~

Endlich war Kelryt wieder da. In seiner Nähe fühlte ich mich eigenartig gut. Meine Mutter hatte ihn schon angekündigt.

“Dein Liebster kommt. Ich mach ihm auch einen Teller fertig. Er sieht aus als hätte er Hunger.”

Ich musste lachen. Meine Mutter verspürte ständig den Dran jeden mit Essen voll zu stopfen.

Schnell hatte sie einen Teller mit Braten und Kartoffelstampf gefüllt von dem auch ich schon einen Teller vor mir stehen hatte und meinen Magen füllte.

Sie war dafür verantwortlich, dass die Männer auf der Baustelle nicht hungrig arbeiten mussten. Ihre Aussage war: „Ein hungriger Mann arbeitet schlecht und mault wie ein schwangeres Weib.“

Ich grinse Kelryt an, als er den Kopf einziehen muss, um durch die Tür zu treten. Die Hintertür war nur für die Angestellten. Und wegen der strengen Winter so klein wie möglich gehalten.

Meine Mutter füllte einen Krug mit leichtem Bier für ihn und stellte ihn zum Teller. Ich wollte mich bereits beschweren, da ich keinen bekommen hatte, aber der strenge Blick von ihr hielt mich zurück. Scheiße… wenn sie mich nicht mehr als kleines Kind sehen würde, würde ich auch zum Essen was anderes als Wasser bekommen.

Und niemand konnte mir erzählen, dass sie nicht selber auch gern einen Schluck ihres eigenen Biers trank. Sie war korpulent, aber nicht hässlich. Eben eine Mutter. Man sah ihr an, dass das Essen aus ihren Töpfen schmeckte. Ihre grauen, langen Haare hatte sie in einem Dutt hochgebunden und einige zu kurze, noch dunekbraune, Strähnen fielen um ihr gerötetes Gesicht. Ich ertappte mich bei dem Gedanken, dass auch ich einmal so aussehen könnte. Schnell schoss mein Blick zu kelryt um zu prüfen ob seine Gedanken die gleichen waren wie meine. Doch er lächelte höflich, stellte sich vor und wurde von meiner Mutter an den Tisch gesetzt. Sie setzte sich dazu und ihre grünen Augen, die um ein vielfaches dunkler waren als meine musterten ihn neugierig. Hin und wieder blickte sie zu mir und ich bildete mir ein, nur Lebensfreude und Liebe darin zu erkennen.

Ich fragte mich, ob ich genauso aussah, wenn ich Kelryt anschaute. Innerlich schnaubend wischte ich den gedanken beiseite. Ich hatte nicht vor ein verliebtes Waschweib zu werden. Wenn ich es schon war, würde ich ganz schnell etwas daran ändern müssen. Ich würde nicht verweichlichen. Zuviel hatte ich in Bree gelernt und gesehen. Einem wurde nur das Herz gebrochen, wenn man verträumt umher stolzierte.

Während des Essens – das köstlich war und mich insgeheim hoffen ließ, dass die Gäste in der Jagdhütte auch so dachten, wenn sie von meinen Gerichten gegessen hatten – redeten wir nicht viel.

Mir war es egal… nein es war mir eher lieb. Meine Mutter starrte Kelryt mit so offener Neugier an, dass ich es mir nicht nehmen lies sie unter dem Tisch zu treten. Sie sollte ihrem Mann anstarren, nicht meinen. Ihr Blick traf mich und ich schüttelte nur den Kopf.

Eifersucht… noch so etwas von dem ich nicht gewusst hatte, sie in mir zu tragen.

Die ganze Zeit über, als mein Vater Kelryt ausgehorcht hatte, musste ich mich auch einem Verhör stellen.

Meiner Mutter polterte mit ihren Fragen los, kaum dass mein Hintern das Holz der Bank berührte.

- Woher kommt er?
- Ist er nett?
- Wie habt ihr Euch kennen gelernt?
- Ist er ein ehrenhafter Mann?
- Liebst du ihn?
- Willst du dass er um deine Hand anhält?
- Wollt ihr Kinder?
… waren die harmlosen Fragen gewesen, die ich gewissenhaft und ehrlich beantwortet hatte.

Genau wie ich hatte aber auch meine Mutter die Angewohnheit aufs deutlichste zu fragen, was sie interessierte. Daher war es schnell zu fragen gekommen, die ich in der kleinen Küche nicht beantwortet hatte oder nur mit einem lauten “Mutter!” wegwischte.

Mir schwirrte jetzt noch der Kopf von den Fragen nach Kelryts Küssen und Schlimmerem. Wenn ich nur daran dachte was sie gefragt hatte bekam ich fast rote Ohren und das laute “Verdammt, Mutter! Schluss jetzt mit dem Blödsinn!” hallte immernoch in meinem Kopf wieder. Zum einen ging es sie rein gar nichts mehr an, was ich tat oder ließ und zum andern, war Kelryt der ehrenhafteste Mann, den es in Bree und Umgebung gab.

In Gegenwart meiner Mutter fühlte ich sich immer noch wie ein ungezogenes Mädchen, wenn ich zuviel über mich erzählte. Deshalb hatte ich es irgendwann gelassen mein gesamtes Leben vor der Frau auszubreiten, die mir das Leben geschenkt hatte. Lediglich mit meinem Vater redete ich über das was mir durch den Kopf ging. Meistens zumindest. Alles wusste auch er nicht, aber dennoch mehr als meine Mutter.

Kelryt saß eine Stunde in der Küche und ein harmloses Geplänkel über dies und das entstand und ich war tatsächlich froh, als Kelryt sich verabschiedete und Mutter keine Gelegenheit mehr hatte, etwas peinliches oder gar beschämendes auszuplaudern. Gegeben hätte es sicher genug.

Höflich, mit Verbeugung und allem Schnick Schnack, der ihre Mutter zum Kichern brachte verließ der Mann, der mein Herz geraubt hatte das Haus. Eilig folgte ich ihm um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. Kelryt legte seine starken Arme um mich und ein geflüstertes „Bis später Liebste, ich werde meine Herzschläge zählen, bis ich dich wieder sehe“ später, machte er sich auf den Weg zum Dienst. Ich hingegen schaute ihm lächelnd nach. Mist verfluchter. Waschweib, schimpfte ich mich selber.

Meine Mutter rief mich und sofort drehte ich mich um und verschloss das Grinsen hinter einer unbewegten Maske. Es passte mir nicht, wenn sie gesehen hätte wie ich einem Mann so hinterher lächelte.

“Schätzchen, du hast einen prächtigen Kerl gefunden. Er wird gute Kinder zeugen können.”

Posaunte sie heraus, als ich die Tür hinter mir schloss. Sofort war ich wütend. Als wenn es nur um Kinder gehen würde in dieser Familie. Meine Eltern hätten mehr aufeinender rumhoppeln sollen, wenn sie mehr Kinder gewollt hätten. Aber es gab nur mich. Warum sollte ich jetzt für Nachschub sorgen.

“Mutter, verflucht. Ich hab dir gesagt du sollst es lassen.”

“Ele, du bist eine Frau, nicht mal mehr die Jüngste. Es wird Zeit dass du Kinder bekommst.”

Himmel, Arsch und Zwirn. Ja ich war fast 30 Winter alt, aber ich würde sicher nicht morgen tot umfallen. Konnte sie nicht wenigstens einmal aufhören von mir zu reden, als wäre ich eine alte Jungfer? Verdammt.

“Mutter, wenn uns Kinder bestimmt sind, werden wir welche bekommen, egal wann… aber doch nicht jetzt. Verdammt. Und hör auf von mir zu reden, als sei ich alt.”

“Mein Kind du solltest dir das Fluchen abgewöhnen. Wenn du jetzt für einen Fürsten arbeitest, schickt sich das nicht.”

Bockmist. Warum genau ich ihr erzählt hatte, dass Kelryt mich davon überzeugt hatte, in Bree zu kündigen verstand ich in diesem Augenblick auch nicht mehr. Sicher, Gustavv war der Mann ihrer Schwester, aber wirklich oft zu Gesicht bekamen sie ihn deswegen auch nicht. Ich hätte also noch gut warten können.

“Ich fluche nicht wenn ich da bin. Meistens.”

“Meistens… so so. ich will nicht, dass man einen schlechten Eindruck von dir bekommt.”

“Ja ja.”

Ich schicke mich an aufzustehen um zu meinem Vater zu gehen. Von ihm würde ich heute vermutlich etwas ähnliches hören, aber nicht so direkt wie von meiner Mutter.

“Oh Eletta… jetzt sei nicht so.” nörgelte sie.

“Hör auf so mit mir zu reden, Mutter. Ich bin lange keine 10 mehr. Halt den Mund von Kindern und Hochzeiten, dann bleib ich noch.”

“Schon gut, Kindchen.”

Und schon fand sie ein neues Thema.

“Weißt du Eletta, ich habe mich gefragt…” begann meine Mutter zögernd. Ich wusste sofort was sie wollte. Wenn sie so anfing… dann konnte es nur eines bedeuten.

“Nein.” Unterbrach ich sie also eilig.

“Du weißt doch gar nicht was ich will”

“Doch!” natürlich wusste ich es.

“Nein…”

Ich rollte mit den Augen.

“Mutter, du hast gekocht… sicher was, was du nicht mal Vater vorsetzen willst. Du brauchst jemanden der es probiert. Richtig?” erklärte ich ihr meine Vermutung. Ich wusste, dass ich Recht hatte.

“Aber…”

“Gib schon her.” Stöhnte ich und sofort hatte ich einen neuen Teller vor mir auf dem ein grünes etwas lag, dass weniger nach Essen als nach schon mal gegessen aussah.

“Bah… was ist das?”

“Probier… Seradan, hat’s Rose gegeben und sie bat mich was daraus zu kochen.”

Ich löffelte die breiartige Masse herunter und verzog mein Gesicht. Nein… das würde ich nicht aufessen. Nach weiteren drei Happen schob ich angewidert den Teller weg und schüttelte den Kopf.

~***~

Als die Dämmerung einsetzte verabschiedete ich mich, nach einem langen einsamen Gang über die Baustelle, von meinem Vater und meiner Mutter. Wir hatten natürlich noch eine ganze Zeit über den Mann gesprochen, den ich ihm vorgestellt hatte.

Mein Vater wünschte mir Glück und gab mir einen Umschlag. Das Papier war anders als das, was er sonst benutzte. Er ermahnte mich, den Umschlag vorsichtig zu behandeln und ihn an den Fürsten und seine Frau weiter zu leiten. Als ich wissen wollte, was das war, schüttelte er nur den Kopf und scheuchte mich fast vom Hof.

Er mochte es nicht wenn ich in der Dunkelheit unterwegs war.

~***~

Mit schmerzendem Magen und einem Grinsen auf den Lippen bog ich endlich auf den Weg in die Siedlung ein. Unterwegs hatte ich mir überlegt was in dem Umschlag sein könnte. Vermutlich ging es um Kelryt und mich. Um uns.

Das Essen meiner Mutter jedoch, von dem ich nur vier Bissen genommen hatte, machte mir schwer zu schaffen. Ayala, trug mich langsam bis zum Haupthaus. Es war als wüsste sie genau, dass jeder unebene Schritt mich fast zerriss.

Nur noch den Umschlag abgeben… Nur noch den Umschlag abgeben… Nur noch den Umschlag abgeben… ratterte ich in meinen Gedanken herunter wie ein Mantra.


________________________________________________________________________
OOC: Für die die es interessiert – nach dem elend langen Blog – das ist der Inhalt des Umschlags.
1. http://img211.imageshack.us/img211/3171/brief.jpg
2. http://img171.imageshack.us/img171/4135/familienbuch.jpg

This entry was posted on Samstag, Januar 29th, 2011 at 15:22 and is filed under Eletta Rosendorn. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

8 comments so far

Eletta Rosendorn
 1 

Es tut mir soooo leid… es ist so undendlich lang geworden… aber ich konnte nicht mehr aufhören zu tippen. Tut mir leid, tut mir leid, tut mir leid.

Januar 29th, 2011 at 15:23
Kelryt
 2 

Sehr schön geschrieben, war ja nen Blog in Kooperation mit mir ;) bzw nen kleiner Teil

Januar 29th, 2011 at 18:09
Eletta Rosendorn
 3 

*nickt* bestimmt isser deswegen so lang geworden ;)

Januar 29th, 2011 at 18:22
hio
 4 

Mehr als gut geworden

Januar 29th, 2011 at 22:45
Tarona
 5 

Ihr beiden tze … aber ziemlich gut …

Januar 30th, 2011 at 00:57
Sarolan
 6 

Eletta Rosendorn: *nickt* bestimmt isser deswegen so lang geworden

Ahhjaaaa

Januar 30th, 2011 at 04:35
Geldromir
 7 

sorry… das kommentar hat fast solange gedauert wie der text lang ist ;) aaaaaber das lesen hat sich gelohnt wery beautyfull

Februar 9th, 2011 at 02:17
Geldromir
 8 

very… very gut…. arf

Februar 9th, 2011 at 02:18

Leave a reply

You must be logged in to post a comment.