Ich bin ihnen gefolgt.
Denjenigen die nicht auf dem Schiff waren. Ich hatte keinen Bogen mehr. Nurnoch einen Köcher Pfeile, meinen alten Lederbeutel und die Kleidung am Körper. Aber noch hatte ich meine Fähigkeiten. Sie bewegten sich achtlos. Sie hatten keine Pferde. Ich konnte sie die ganze Zeit beobachten, nun aber vorsichtiger. Ich behielt alle im Blick, gut ein Dutzend.
Sie bewegten sich immer weiter Richtung Südwesten. An der Küste entlang. Sie rasteten, ich rastete. Sie aßen, ich wartete. Sie sprachen und lachten. Ich schwieg und wartete. Sie würden alle sterben. So oder so.
Sie marschierten gut zwei Tage. Ich hatte Hunger, aber ich hielt durch. Meinen Durst löschte ich mit geschmolzenem Schnee und Eis. Dann kamen sie an ihrem Ziel an. Es war eine kleine Bucht, dort lag das Schiff. Aus diesem stießen sie einen Gefangenen nach dem Anderen in Wagen die von Pferden gezogen wurden. Innen bestanden sie aus einem Käfig, von aussen waren sie durch Holzplanken geschützt und verbargen sicht nach innen und aussen.
Ich wartete bis meine Tochter zu sehen war, doch der Zweite, Dritte und Vierte wurde beladen ohne, dass ich sie zu sehen bekam. Ich saß in meinem Schneehügel, gut getarnt und wartete. Die Wagenkolonne zog los. Erst der Erste, dann langsam der Zweite.
Es waren nurnoch zwei Wachen am Schiff und ich riskierte es. Der dritte Wagen fuhr los, von vier Pferden gezogen, wie die anderen auch. Ich rannte los, sie sahen mich durch das Schneegestöber nicht und ich sprang den ersten einfach um, schlug mehrmals auf seinen Schädel ein und packte seinen Speer.
Die zweite Wache schrie vor Überraschung auf, was nicht lange anhielt, denn ich war hier in meinem Land. Es war meine Kälte und MEIN Schnee. Ich reagierte schneller, rammte ihm den Speer durch seinen offen stehenden Mund in den Schädel und sein Schreien verstummte.
“NEIN!”, schrie der Wagenlenker des Vierten und peitschte auf seine Pferde ein. Diese setzten sich langsam in Gang. Es war ein gutes Stück, aber ich zog noch das Schwert der einen Wache an mich. Eine sehr merkwürdige Klinge. Gebogen, nur auf einer Seite scharf. Verrückte Südländer.
Ich rannte auf den Wagen zu, dann hinter ihm her und hielt mich letztlich an einer der hinteren Planken fest. Die Pferde bauten Geschwindigkeit auf. Ich schwang den Gurt der Klinge um meinen Hals und kletterte auf den Wagen. Der Lenker steuerte wild weiter den anderen drei hinterher. Ich hielt mich gut an den Käfiggittern und Planken fest und kletterte so langsam zu dem Lenker.
Dieser schien weiter ängstlich zu sein und knallte nochmal in die Peitschen. Die Pferde ritten schneller. Mir peitschte Wind und Schnee ins Gesicht. Als ich endlich in seiner Reichweite ankam, packte ich seinen Umhang, riss ihn so nach hinten und hob den Südländer aus seinem Sitz. Er schrie auf und knallte dann von dem Wagen herunter. Ich setzte mich rasch auf seinen Platz und ergriff die Zügel, knallte einmal laut, wie er es getan hatte und die Pferde gehorchten… was mich ziemlich durcheinanderbrachte, aber Vilin war mir wichtiger!
Ich kam dem Dritten Wagen näher, aus dem Käfig meines Wagens hörte ich ein paar Schreie und wütende Rufe. Es war mir egal. Der erste Pfeil schoss an mir vorbei. Ich sah mich um. Seitlich ritt ein Bogenschütze, ebenfalls Südländer und feuerte beim Reiten mit dem Bogen auf mich. Ich brüllte wütend auf, die Wagen steuerten nun in eine schmale Schlucht. Meine Pferde ritten einfach den Wagen vor sich hinterher, was mir zu gute kam.
Dennoch steuerte ich nach links und zwang den Bogenschützen innezuhalten und nach hinten abzubremsen. Der nächste Pfeil schlug nun einen knappen Schritt hinter mir ein. Ich blickte mich wieder um, drei Berittene Schützen hinter mir. Ich knallte mit den Zügeln auf die Pferde und beschleunigte.
Meine Pferde drängten den dritten Wagen langsam nach links, deren Lenker brüllte laut auf, als ein Schlagloch das Schicksal des Wagens besiegelte. Ich hörte wie die Achse brach. Der Wagen bäumte sich direkt neben mir auf, schlug dann direkt auf den stoppenden Pferden ein und ich wurde mit dem Blut der Viecher bespritzt. Die berittenen Bogenschützen wichen nur so weit aus, dass einer von ihnen überlebte. Die anderen fielen ebenfalls dem Wagen zum Opfer.
Mein Wagen steuerte auf den Zweiten zu. Ich wusste, wie viele von meinem Volk im Dritten Wagen starben. Ich bedaure es nicht. Es war mir egal… Vilin. Ich holte schnell auf, der Lenker des zweiten Wagens schlug auf seine Pferde ein, doch meine waren schneller. Nun war ich direkt neben ihm. Die Schlucht wurde breiter und wir preschten, ich die Linke er die Rechte, Seite gegeneinander.
Er brüllte mir etwas in einer Sprache zu die ich nicht verstand und ich beschimpfte ihn als einen mit Bären schla… nun, ich beschimpfte ihn jedenfalls. Vor mir bog die Schlucht nach links ab und der Südländer grinste mir voller Schadenfreude zu. Er hatte Recht. Ich würde an der Wand zerschellen, aber das tat ich nicht. Ich sprang auf und flog mit einem gewaltigen Sprung auf den zweiten Wagen.
Hinter mir hörte ich das laute Krachen, als der vierte Wagen zerschellte und alle meine Landsleute zerquetscht und zerrissen wurden. Es war mir egal. Ich zog das krumme Schwert und legte es dem Bastard an die Kehle. “VORWÄRTS!”, schrie ich ihm ins Gesicht. Ich wusste nicht, ob er mich verstand, doch die Geste schien er zu kapieren. Er nickt mehrmals panisch und ängstlich und schlug seine Pferde, damit wir schneller als der erste Wagen wurden.
Ich musste den Ersten zum Halten bringen. Ohne ihn zu zerstören. Es saßen zwei auf dem ersten Wagen. Der Lenker und der Dicke, dem ich die Nase gebrochen hatte. Er trug meinen Bogen und schoss den ersten Pfeil auf mich. Ich hielt weiterhin das Schwert an die Kehle meines Lenkers und wich dem Pfeil mit einem einfachen Ducken aus.
Dann rammte ich das Schwert durch das Bein meines Lenkers tief in das Holz. Nun musste er sicher anhalten oder er würde mit mir zusammen sterben. Ich richtete mich auf und bereitete mich auf ein weiteres Ausweichmanöver vor. Der Südländer brüllte und spannte einen weiteren Pfeil, wobei er sich aufrichtete. Ein Schlagloch traf den ersten Wagen und der Südländer fiel fast herunter. Nur durch das Loslassen des Bogens konnte er seinen Stand sichern.
Ich sprang hoch und flog fast vom Wagen herunter, als ich meinen Bogen am Rand des Wagens auffing. Dann krachselte ich zurück zum Lenker, welcher brav weiter dem ersten Wagen hinterhersetzte. Ich richtete mich auf, zog einen Pfeil durch meine Lippen und spannte ihn dann an die Sehne. Meinen rechten Fuss verankerte ich auf der Sitzplanke des Lenkers.
Ich zielte und schoss. Der Pfeil nagelte den Südländer an den Wagen. Ich hatte auf den Kopf gezielt. Ich musste als stärker und höher schießen. Ein weitere Pfeil wurde gezogen und gespannt. Ich zielte ein Stück höher und überspannte den Bogen stark, dann ließ ich los und der Pfeil knallte durch den Schnee, trennte den Kopf des Dicken ab und rammte sich in den Nacken des Lenkers.
Der Wagen knallte in die linke Wand, überschlug sich mehrmals und blieb liegen. Auch hier waren alle Pferde tot. Ich aber schrie auf. “VILIN!” Dann trat ich meinem Fahrer ins Genick und es brach. Ich hatte zu stark getreten. Mein Wagen rammte in die rechte Seite der Schlucht und ich sprang ab.
Das Eis der Schlucht empfing mich mit aller Härte, ich schützte meinen Kopf und rollte schnell herum. Als ich zum Liegen kam, stand ich sofort auf. Ich hatte mehrere Prellungen und offenbar auch einen Knochenbruch, fühlte sich jedenfalls so an. Der zweite Wagen war an der rechten Wand zerschellt, hatte alle Pferde und Insassen mit in den Tod gerissen und rauchte nun an seiner Position vor sich hin.
Ich aber rannte zum ersten Wagen. Sie konnte nicht tot sein. Es wäre meine Schuld. Ich würde es nicht verkraften. Sie konnte nicht tot sein… Bitte…
“VILIN!”, brüllte ich und räumte Schutt und tote Pferdekörper zur Seite. “VILIN!”, brüllte ich wieder und sah mir die Gesichter meiner toten Landsmänner, Frauen und Kinder an. Alle waren tot. Die Kinder versetzten mir einen grausamen Stich, aber ich musste Vilin finden. Ich musste. Ich überprüfte noch alle anderen Wagen, doch sie war in keinem.
Wieder bei dem ersten Wagen erbrach ich mich auf den Boden und schrie laut. Unglaublich laut. Bis meine Kehle nicht mehr konnte. Der Bogen erzitterte dabei in meiner Hand und in der Ferne antworteten mir Einhundert Wolfsrudel mit verzweifelten Rufen und Heulen.
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