Die Tür zur Kastanienstraße Nummer Sechs fiel klackend ins Schloss. Der abnehmende Vollmond beschien die Straßen der Siedlung Linglen. In dieser Nacht war es ziemlich stürmisch und die dichten Regenwolken verdeckten den Blick auf die Sterne. Das Rascheln der Bäume hatte etwas unheimliches an sich und auch sonst schien niemand mehr unterwegs zu sein.


Ein leises Grollen war zu vernehmen und kündigte sogleich ein kräftiges Gewitter an welches kurz davor war sich über der Siedlung nieder zu lassen. Von hier oben hinaus war der Blick auf die Siedlung aus kaum zu Übertreffen. Die wenigen schwachen Lichter, die noch aus den vereinzelt ausgehenden Kaminen in den Fenstern zu dieser Vierten Morgenstunde zu erkennen waren, formten ein beinahe Sternengleiches Bild auf dem Boden ab. Lady Arille Lingson stand am Höchsten Punkt der Siedlung und verschränkte die Arme hinter ihrem Rücken. Sie trug ihre übliche Ritterrüstung und an ihrer Seite hing ihr Schwert, dessen Parierstange schimmernd das Mondlicht aufnahm. Ihre Haare wehten sanft im Wind und verdeckten das beinahe zur Bosheit verzogene Gesicht.

Nein, Glücklich war sie in keinem Fall. Unangekündigt und unvorbereitet musste sie ihrem Lehnsherren und Fürsten Hiodir Amarnartha gegenübertreten. Und sei das nicht genug hatte sich das Bein Fräulein Lius auch noch entzündet und wurde ausgerechnet vom Fürsten in ihrem Garten liegend aufgefunden. Ihre Pflicht war es durchaus das Fräulein zu behandeln, auch wenn sie es nicht gerne tat. Dass sie das letzte Mal wirklich Ruhe und Entspannung genossen hatte lag nun einige Wochen zurück, denn das war der Tag ihrer Vermählung gewesen wo ihre Freundin Eletta Sturmreiter es tatsächlich geschafft hatte ihr aus dem Alltag hinaus zu helfen. Es war alles zu viel und das merkte man ihr deutlich an. Der ständige Stress mit Liu, die Hunde die sie gerade aufzog, die Dienstpläne der Wachen und zu Guter letzt auch noch Ser Sturmreiter.

Mit ihm hatte sie schon immer verschiedene Meinungen und Ansichten geteilt, doch so schlimm wie jetzt waren sie nie verlaufen. Dass er nach Monatelanger Abwesenheit wieder auftauchte und meinte seine Frau, welche die vielen letzten Wochen ihre Arbeit mit hervorragenden Leistungen bewältigt hatte, rumkommandieren zu müssen und zu meinen nun das ganze in die eigene Hand zu nehmen entfand sie als inakzeptabel.

Immerhin war sie es gewesen, die in ihrer Schwangerschaft gearbeitet hatte bis ihr der Schweiß von der Stirn tropfte. Wo war ihr Mann als sie ihn brauchte? Arille beschloss schnell zu ersetzen was ihr Mann ihr nicht zu geben wagte. Nähe, Zuneigung und Hilfe.

Doch nun da er zurück war, war sich Arille nicht mehr sicher ob sie noch lange in dieser Siedlung verbleiben würde. Seine Erwägungen sie der Siedlung zu verweisen, nach allem was sie getan hatte, waren klar und deutlich gewesen. Im Stillen hoffte sie einfach nur, dass sie nun durch die Entbindungshilfe seines Kindes in einem besseren Licht da stand. Sie hatte sich alle mühe gegeben seinen Sohn gesund auf die Welt zu bringen und das war ihr immerhin gelungen. Nun stand sie hier auf dem Felsvorsprung von dem man direkt auf den Marktplatz hinunter schauen konnte. Befleckt mit dem Blut seiner Frau und seines Sohnes. Ungewiss auf einen weiteren Verbleib. Ungewiss diesen Anblick den sie nun vernahm noch einmal zu erleben. Was würde ihr Mann Urvanam dazu sagen, wenn sie ins weit entfernte Rogannon versetzt würde? Wäre er bereit mit ihr zu kommen und wahr seine Liebe zu ihr so groß, dass er alles was ihn hier binden würde hinter sich zu lassen? Langsam rollte eine Träne über ihr Wutverzerrtes Gesicht. Würde sie das denn alles hinter sich lassen können? Ihr ganzes Leben hatte sie im Breeland verbracht. So viele Gute und schlechte Erinnerungen hatte sie hier gemacht. Doch ob ihr etwas anderes übrig bleiben würde blieb abzuwarten. Nun zuckte ein schallender Blitz hinter den Felswänden auf und ein tiefes Donnern war zu vernehmen, welches nun von Regentropfen gefolgt war. Einen Moment später war der Ritter von der Klippe verschwunden und ging langsam im Regen den Weg entlang, hinunter zu ihrem Haus.

Dort wo sie kein Hass erwartete….

This entry was posted on Freitag, Mai 20th, 2011 at 02:03 and is filed under Arille Lingson. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

4 comments so far

Tarona
 1 

Hm.. Nein er würde nicht gehen. Er würde seine Frau auf den Arm nehmen und ins Haus bringen und es notfalls verbarrikadieren. Sie soll glücklich sein.

Mai 20th, 2011 at 11:30
Tarona
 2 

Aber supertoll geschrieben. toll toll supertoll

Mai 20th, 2011 at 11:31
Liumare
 3 

Schöner Blog, hoffentlich trifft dich kein Blitz da oben ^^

Mai 20th, 2011 at 12:25
Eletta Rosendorn
 4 

Schön geschrieben, wirklich, mag ich. Wird immer besser. *nickt* Weiter so

Mai 20th, 2011 at 13:56

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